Bis zum Prachthuhn gibt es viel zu tun

Frankfurter-Neue-Presse-12.10.2022[16]

von Gernot Gottwals

Kleintier-Zuchtverein aus Niederrad prämierte die schönsten Exemplare – und hat Zukunftssorgen

Entspannt plustert die schwarze Zwerg-Orpington Henne ihr weiches, grün schillerndes Gefieder. „Hat die einen Namen?“, will Paul Ziegler wissen, Kassierer im Kleintier-Zuchtverein Volkswohl Niederrad von 1929. Nein, eigentlich nicht – nun aber schon: „Ich werde sie Leila nennen“, sagt ihre Züchterin Chalime Ntemir Ali bei der diesjährigen Geflügelschau.

Vorzügliche Bewertung

Denn mit 97 Punkten erhielt Prachthuhn Leila als einziges die Höchstwertung „vorzüglich“, so dass Ntemir Ali die Vereinsmeisterschaft bei den Zwerghühnern mit dem ersten Platz gewann, gefolgt vom ersten Vorsitzenden Matthias Trepke und Günter Hoffmann. Matthias Trepke belegte zudem den ersten Platz bei den Hühnern und bei den Tauben, bei letzteren folgten ihm Florian Trepke und Hubert John auf den Plätzen zwei und drei.

Rund 250 Besucher kamen am Wochenende, um sich die 84 Zwerghühner, 43 Tauben und 6 Hühner in der Zuchtanlage im Elli-Lucht-Park anzusehen. Doch trotz guter Stimmung und schönem Wetter beschäftigen den Verein gewisse Zukunftssorgen.

Zwar hat der Kleintier-Zuchtverein noch rund 50 Mitglieder. Doch darunter befinden sich nur noch elf aktive Züchter. Weitere Mitglieder könnten sich bald aus Altersgründen zurückziehen. Hinzu kämen Unsicherheiten, wie sich das Umfeld des Vereinsgeländes im Frankfurter Grüngürtel entwickeln werde, erläutert der erste Vorsitzende: „Das führt bereits jetzt dazu, dass unser Pachtvertrag nur noch um je ein weiteres Jahr verlängert wird.“

Klar, dass Chalime Ntemir Ali und Paul Ziegler deshalb zu den Glücksfällen zählen. Auch wenn Ziegler selbst noch nicht aktiv züchtet. „Ich habe in der Corona-Krise mit meiner Familie die Natur gesucht und konnte ein Gartengrundstück pachten. Dabei hat mir mein Vorgänger auch ein gutes Dutzend Hühner vererbt“, berichtet er.

Doch wie geht man mit dem Federvieh richtig um? Im Umfeld seines kleinen Paradieses suchte Ziegler nach Rat und fand den Weg zum KTZV Volkswohl. „Mit meinen familiären und beruflichen Verpflichtungen als Arzt in der Uniklinik fehlt mir im Moment einfach noch die Zeit zum Züchten“, bekennt Ziegler. Aber er kann in der Freizeit die Kasse machen und während der Zuchtschauen mithelfen. „Und dafür wird unser kleiner Sohn mit unseren gefiederten Freunden glücklich.“

Ntemir Ali ist dafür schon sei drei Jahren im Verein. „Ich lerne immer noch viel, die Mitglieder geben mir viele gute Ratschläge und Matthias hat mir sogar mit ein paar Hühnern ausgeholfen“, sagt sie. Darunter auch die Vorfahren der schillernden Siegerin, die sich unter einer Vielzahl namenloser gackernder Artgenossen Leila nennen darf.

Weiche Federn und grüner Lack

„Es handelt sich bei dem Orpington um ein würfelförmiges Zwerghuhn mit tief heruntergehender Brust, breiten weichen Federn und schwarzem Farbenschlag mit sattgrünem Lack“, doziert Trepke. Die richtigen Eltern, die richtige Pflege und das richtige Futter aus gesunden Körnern: Es müssen schon mehrere Faktoren für eine preisverdächtige Bewertung zusammenkommen. Und natürlich ausreichend Zeit und Mühe für das liebe Federvieh: „Etwa eine Stunde täglich unter der Woche und auch mal vier Stunden am Wochenende“, sagt Ntemir Ali.

„Immer mehr Leute haben ein Haus mit Garten und eigene Hühner, doch ein Verein scheint vielen unnötig und kleinbürgerlich“, bedauert Hubert John. Und wenn man mal krank oder im Urlaub ist? „Dann hilft und vertritt man sich gegenseitig im Zuchtverein“, betont Wolfgang Ahlemann, Kreisvorsitzender der Rassegeflügelzüchter Frankfurt. „Hinzu kommen die melde- und impfrechtlichen Vorschriften, um seine Tiere jedes Jahr vor der Geflügelpest zu schützen“, ergänzt Trepke. Einzelne Halter verlieren da schon mal den Überblick, doch bei Verstößen drohen empfindliche Geldstrafen.

Abgesehen von geselligen Aktivitäten wie Vereinsfesten und Ausflügen verbindet die Züchter vor allem die Liebe zum Tier und die Liebe zur Natur: Immerhin geht es um den Erhalt von 300 Tauben-, 100 Hühner- und 90 Zwerghuhnrassen. Daher gründete sich im Jahr 1929 der KTZV Volkswohl, der seitdem dreimal umziehen musste. „Ich bin seit 48 Jahren dabei und erinnere mich noch, wie wir 1965 mit zehn bis zwölf Parzellen in der Bürostadt auskommen mussten“, berichtet die zweite Vorsitzende Marita Skerget. „Wir haben uns seit 1989 im Elli-Lucht-Park eingerichtet und möchten hier gerne mit neuen Kleintierfreunden unsere Zukunft gestalten“, sagt Trepke. Und sobald Ziegler beruflich und privat etwas mehr Luft hat, möchte auch er mit ersten Zuchtversuchen starten, um die Vielfalt in einer Umgebung von Hybridrassen zu erhalten.

Gernot Gottwals

Weitere Fragen zum Kleintier-Zuchtverein beantwortet Matthias Trepke unter Telefon 0170/493 3121.

Erschienen in der Frankfurter Neuen Presse am 11.10.2021. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme. Originalartikel hier: https://www.fnp.de/frankfurt/bis-zum-prachthuhn-gibt-es-viel-zu-tun-91045708.html